Horst Reiser

Zürich, Switzerland

Ich bin nicht mehr die Frau, die Du geheiratet hast

"Muss ich zuerst sterben, bis Du mich hörst?"

Das fragte mich meine Frau, nachdem ich heute wieder zu spät von der Arbeit nach hause gekommen bin. Warum habe ich nur erneut nicht auf sie gehört? Bereits vor zwei Tagen hat sie mich aus hellheiterem Himmel komplett schockiert mit ihrer Aussage, dass sie mich nicht mehr liebe.

„Was?!“ schrie ich innerlich auf: Ich der beste Ehemann auf der Welt, werde nicht mehr geliebt?!

Das war der Anfang vom Untergang

Dieser Untergang dauerte drei volle Jahre. Nichts war mehr wie vorher: Wir, die wir alles symbiotisch zusammen unternommen, seit 15 Jahren alles mit Freude und mit Begeisterung geteilt hatten standen nun plötzlich vor einem Scherbenhaufen.

Marianne hatte sich – wie ich schmerzlich feststellen musste – schon vor einigen Jahren geändert. Blöderweise hatte ich es nicht realisiert. Sie hatte oft versucht, mir gewisse Dinge mitzuteilen, doch ich habe es nicht gehört.

Der endlose Tunnel

Als Folge lebten wir drei lange Jahre in einem langen, dunklen Tunnel, der kein Ende nahm. Es dauerte lange, bis ich begriff, dass es nicht einfach besser wird, indem meine Frau wieder jene Frau würde, die ich geheiratet hatte, sondern dass ich mich selbst ändern musste und sie mit neuen Augen und neuer Liebe entdecken musste.  

Ein Lichtstrahl im Dunkeln

Eines Nachts beteten wir zu Gott, er möge die Fliehkraft stoppen, die uns auseinander treibe. Auch wenn wir uns nicht mehr liebten, entschieden wir uns im Gebet, in der Ewigkeit zusammen enden zu wollen. Somit wären wir wenigstens nicht mehr in diametral unterschiedliche Richtungen sondern wenigstens parallel auf die Ewigkeit neben einander unterwegs. Wir gestanden uns und Gott unsere Unfähigkeit zur bedingungslosen Liebe ein und baten ihn um seine göttliche Liebe. Wir entschieden uns, uns gegenseitig Zeichen der Liebe zu zeigen, auch wenn wir nicht mehr wussten, wie das gehen sollte und wir bemühten uns darum, die Versuche des Partners auch als Liebe zu bewerten, selbst wenn diese nicht immer so positiv ankamen.   

"Liebet einander!"

Das ist ein Befehl von Jesus Christus und nicht bloss eine nette Aufforderung, uns nach Liebe zu fühlen. Eine Handlung wird erwartet, kein Gefühl. Das hat uns gerettet! Gott hat unsere Lieblosigkeit gehört und in Liebe verwandelt, sodass wir heute auf neuen Höhen in der Ehe wandeln können nach über 30 Jahren Partnerschaft.   Heute möchten wir diese Tunnelerfahrung nicht missen, denn wo wir heute sind, scheint die Sonne. 

Nicht aufgeben – sich beschenken lassen.

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