Leben, ohne etwas zu verpassen.
Ich könnte etwas verpassen!
Ich hatte immer Angst, dass ich eines Tages auf mein Leben zurückblicken und feststellen würde, dass ich so vieles verpasst habe.
Während meiner Kindheit musste ich erleben, was es heisst ausgestossen zu sein. Nach einem Umzug in ein kleines Dorf wurde ich auf dem Pausenhof wegen meines asiatischen Aussehens gemieden und ausgeschlossen. Dies änderte sich jedoch als ich in die Oberstufe wechselte. Es war eine neue Schule in einer anderen Ortschaft und mit anderen Leuten. Auf einmal war ich beliebt, fand leicht Freunde und realisierte bald, dass ich beim anderen Geschlecht gut ankam. Diese neue Situation löste in mir den Wunsch aus, alles nachzuholen, was ich in den vergangenen Jahren verpasst hatte. Ich wollte derjenige mit den meisten Freunden, den schönsten Freundinnen und dem spannendsten Leben sein. Doch egal wie erfolgreich ich in meinen Zielen war, an wie vielen Partys ich tanzte und wie viele Freundinnen ich „eroberte“, ich hatte immer das Gefühl ich verpasse etwas.
Ich lebte ein Leben um das viele mich beneideten. Aber wenn ich zuhause in meinem Zimmer sass, hatte ich das Gefühl in einem Käfig zu sitzen und einfach nicht ausbrechen zu können.
Ein neues Leben
Ich glaubte damals bereits an Gott und war auch aktiver Kirchengänger, auch wenn ich nicht immer behaupten konnte ein Vorzeigechrist zu sein. Aber zu diesem Zeitpunkt konnte auch der Glaube diese innere Sehnsucht nicht stillen.
Dies sollte sich jedoch ändern. An einem Gottesdienst fragte der Pfarrer nach einer bewegenden Predigt, ob jemand bereit ist, nicht einfach nur an Gott zu glauben, sondern sein Leben ganz der Leitung Jesu zu übergeben. Irgendwas in dieser Predigt hatte mich sehr berührt und ich beschloss diese Entscheidung zu fällen. Und Gott nahm meine Entscheidung ernst. Es folgte eine sehr herausfordernde Zeit. Gott zeigte mir immer wieder Dinge in meinem Leben auf, die ich aufgeben sollte. Dies fiel mir zeitweise überhaupt nicht leicht und die Trennung war oft auch sehr schmerzhaft. Aber gleichzeitig zeigte mir Gott auch immer wieder den Grund auf, warum er will dass ich diese Dinge aufgeben soll. Nicht weil er es mir nicht gönnen würde oder weil er einfach ein Gott ist, der seine Gesetze durchboxen will, sondern damit meine Hände frei werden für ein viel besseres Leben, dass er mir schenken will.
Und dieses neue Leben würde ich heute um keinen Preis mehr mit dem Alten tauschen. Ich bin mit einer Frau verheiratet, die besser, schöner und genialer ist, als alle meine bisherigen Vorstellungen einer Traumfrau. Als Pfarrer darf ich meinen Lebensunterhalt damit verdienen, dies weiterzugeben was mir am wichtigsten ist: Meinen Glauben an Gott. Ich durfte meine Leidenschaft zum Beruf machen, wer wünscht sich das schon nicht? Aber vor allem darf ich jeden Tag erleben, was es heisst in einer Beziehung mit dem Schöpfer des ganzen Universums zu stehen. Dies ist eine Ehre die ich gar nicht beschreiben kann!
Ich sage nicht, dass in meinem Leben nun einfach nur noch heile Welt herrscht. Ich habe nach wie vor meine Herausforderungen. Aber die Angst etwas zu verpassen ist weg. Denn wer könnte besser wissen, welches Leben für mich am besten ist, als derjenige der mich geschaffen hat?