"Du bist hier richtig!"
„Ich glaube ich hab was Blödes getan.“
Mit diesen Worten begrüßte mich mein Freund, als ich nach Hause kam. Ich war unterwegs und er wollte mir das neue Windows auf meinem Computer installieren. Das hatte er auch, aber gleichzeitig hatte er auch alle meine Festplatten formatiert. Damit hatte ich zwar das neue Windows auf dem Rechner – aber eben nichts anderes mehr. Alles war weg. Meine sämtlichen Digitalbilder, alle meine Unterlagen von 3 Jahren Uni und – das schlimmste – alle Speicherstände meiner Computerspiele. Ich „studierte“ in dieser Zeit Elektrotechnik, trat aber auf der Stelle, weil mir die richtige Motivation fehlte. Ich verbrachte die Zeit mit jobben oder zocken, oder engagierte mich ehrenamtlich in der Jugendarbeit. Immer, wenn ich an mein Studium dachte, hatte ich ein dumpfes Gefühl in der Magengegend. Es fühlte sich an, als würde mir ständig jemand sagen: „Du bist hier falsch!“
An diesem Abend redete ich sehr lange mit meinem Freund. Und ich stellte mir mit ihm und in der kommenden Woche die Frage: „Was wäre, wenn mich hier nichts mehr halten würde!? Wenn ich freu wäre zu tun, was ich wirklich möchte!?“
In dieser Woche überschlugen sich die Ereignisse. Auf der einen Seite hatte ich das Gefühl, dass immer mehr Brücken zu meinem alten Leben abgeschlagen wurden: Weil ein Schein nicht anerkannt wurde, konnte ich (um wiederholten Mal) mein Vordiplom nicht ablegen, in der Beziehung zu meiner Freundin kriselte es und eine Gruppe von guten Freunden begann sich langsam aufzulösen. Dazu mein gelöschtes digitales Leben – es gab immer weniger, was mich band.
Auf der anderen Seite eröffnete sich mir der Blick auf einen völlig neuen Lebensweg. In langen Stunden Recherche im Internet erwachte in mir der Gedanke an eine Bibelschule zugehen. Ich prüfte diesen Wunsch in Gesprächen mit Freunden und Jugendreferenten, die mich gut kannten und allesamt begeistert waren von dieser Idee. Selbst meine Freundin, mit der es sich die Spannungen etwas gelöst hatten ermutigte mich zu diesem Schritt.
Am Ende der Woche wagte ich den Schritt meinen Eltern von meinen Plänen zu erzählen. Da passierte es was Abgefahrenes. Als meine Eltern meine Gedanken hörten, begannen sie zu weinen. Alle beide. Ich hatte meinen Vater bis dahin äußerst selten weinen sehen, also kam ich zu dem Schluss: „Junge, jetzt hast du es richtig verbockt!“ Erst dachte ich, meine Eltern wären so betroffen, weil ich mein fast vierjähriges Studium abbrechen wollte. Aber dann klärten sie mich auf:
Als meine Eltern mit mir schwanger waren, kam das überraschend. Meine Geschwister waren zu diesem Zeitpunkt schon 10, 11 und 13 Jahre alt und die Familienplanung war bereits abgeschlossen. Für meine Eltern war ich ein unerwartetes Geschenk. Deswegen begannen sie in dieser Zeit dafür zu beten, dass mein Leben zu 100% Gott gehören solle. Dass ich einmal Gottes Botschaft weitergeben sollte. Sie hatten mir von diesem Gebet 23 Jahre lang nichts erzählt, um mich nicht zu beeinflussen. Und das, obwohl es in meinem ganzen Leben immer wieder sehr deutliche Fingerzeige Gottes gegeben hatte.
- Laut dem Tagebuch meiner Mutter bin ich einmal mit 11 Jahren aus der Schule gekommen und habe gesagt: „Ich weiß jetzt was meine Aufgabe ist: Gott dienen und das Evangelium verkündigen.“ Unter dieses Zitat schrieb meine Mutter den Kommentar: „Er war so glücklich wie noch nie“.
- Mit 14 Jahren hatte ich eine Art „zweite Bekehrung“ zu Gott. Nachdem ich schon vorher beschlossen hatte mein Leben mit Gott zu leben, versprach ich auf einer Freizeit, dass ich mein ganzes Leben und meine Arbeit in seinen Dienst stellen würde.
- Mit 16 Jahren war ich fest entschlossen von der Schule abzugehen, eine Schreinerlehre zu machen und danach eine Bibelschule zu besuchen. Ich hatte sogar schon die Aufnahmepapiere auf meinem Schreibtisch liegen. Ich entschied mich dann aber (mit guten Gründen) doch das Abitur zu machen. Allerdings kam ich nach dem Abi von diesem Plan ab und landete an der Uni.
Gott setzte Großes in Bewegung und gebrauchte viele Menschen und Dinge in meinem Umfeld, um mir deutlich zu machen, dass ich am falschen Ort war. Was ich die ganze Zeit gefühlt hatte, wurde mir mit einem Mal glasklar. Gott wollte mich woanders haben.
Das Finden der richtigen Ausbildungsstätte zum Evangelist, die Bewerbung und die Aufnahme ergaben sich fast von alleine.
Als ich nach meiner ersten Nacht an der Evangelistenschule Johanneum morgens aufwachte fühlte sich etwas in mir anders an. Es war nicht der ungewohnte Raum oder das neue Bett. Es war ein Gefühl, das ich genau an der gleichen Stelle in mir spürte, die ich schon seit Jahren kannte. Aber es war anders. Das komplette Gegenteil. Statt einem „Du bist hier falsch!“ fühlte ich jetzt ganz deutlich: „Du bist hier richtig!“