Thomas Schulte

Chemnitz, Germany

Du sollst leben!

Meine Kindheit war richtig krass. Dreimal hätte ich sterben können. Da war die rettende Operation des vor dem Durchbruch stehenden Blindarmes, worauf die gläubige Verwandte die ratlosen Ärzte hinwies. Da war die Fahrerin des VW Käfer, durch deren Notbremsung ich nicht überfahren wurde. Da war der Leiter auf der Freizeit des CVJM, der mich kurz vor dem Ertrinken in der Nordsee rettete.

Da waren aber auch noch, die Liebe meiner Eltern und Großeltern, ihr Vertrauen in mich, die unbeschwerte Schulzeit, herrliche Urlaube, viele Freunde, die erste große Liebe, Zeiten als Klassensprecher und Mannschaftskapitän, keine finanziellen Sorgen, eine tolle Kindheit!

Es ging aber nicht gut weiter, zunächst unmerklich, dann heftig ging es bergab. Die Alkoholkrankheit unserer Mutter bestimmte mehr und mehr die Familie. Die Firma der Eltern ging pleite, das Haus musste verkauft werden. Das Jurastudium zog sich unendlich lange hin, die Lebenspartnerin gab mir den Laufpass. Die Familie zerbrach, der Austritt aus der Kirche schien mir ein Muss. Lebensangst, Mutlosigkeit und Depressionen, Ziel- und Haltlosigkeit machten das Dasein zum Überlebenskampf. Dazu kam die Abtreibung, an der ich beteiligt war. Das Leben hatte sich um 180° gedreht, es war etwas eingetreten, was zuvor undenkbar war.

Die Voraussetzungen für den erfolgreichen Abschluss des Studiums waren denkbar schlecht, so oder so sollte aber eine Entscheidung her – ich meldete mich zum Examen an. Dann geschah ein Wunder! Für den Professor unverständlich war ich in der mündlichen Prüfung der Beste, wider Erwarten war die Prüfung bestanden. Jetzt kam das Referendariat, regelmäßiges Einkommen, früzeitiges Lernen für das 2. Staatsexamen, Bestehen mit Prädikat. Der berufliche Anfang in Chemnitz gab mir räumlichen Abstand zu meiner Vergangenheit, neue Lebensfreude erwachte. Ich fand eine neue Partnerin, während unserer Partnerschaft wurde diese Christin. Das ich sie nicht heiraten konnte, verschwieg ich ihr aus Egoismus, Feigheit vor dem Leben, Zukunftsangst. Das konnte nur zum Trennungsdrama führen.

Eines Morgens kam mir der Gedanke, in die Kirche zu gehen. Am 2. Feiertag gab es nur wenige Gottesdienste, in Chemnitz-Borna war ich noch nie. Von der Predigt habe ich nichts behalten. Der Pfarrer pries aber seinen gerade begonnenen Glaubenskurs an. Ich musste ihn bitten daran teilzunehmen. Es folgten regelmäßige Treffen in Glaubenskursen, Hören von Gott, mir wurden Freundschaften angeboten. Ich hatte regelrecht Hunger auf die Menschen und Predigten über das Internet, Gottesdienste und Abendmahl. Zaghaft begann ich auf Gottes Wege zu vertrauen, lernte beten, Versöhnung mit der Familie begann.

Heute weiß ich, ich sollte nicht sterben, sondern leben. Die Tiefen haben mich zu Gott geführt und zu einem anderen Menschen gemacht. Wenn ich heute hier stehen darf trotz allen Versagens, aller Schuld an anderen und mir, Rückschlägen und scheinbarer Aussichtslosigkeit, warum soll das nicht auf für Dich gelten?

— Read more —
Contact me Learn more about Jesus

Similar stories