Thomas Zindel

Männedorf, Switzerland

Bournout - meine Chance

Schlaflos

Es ist 2.00 Uhr, mitten in der Nacht. Seit drei Stunden wälze ich mich von einer Bettseite auf die andere. In mir glüht alles. Meine Hände und Füße sind heiß, und mein Puls rast. Gedanken an Unerledigtes, offene Fragen und kommende Herausforderungen, lassen mir keine Ruhe. Müde stehe ich auf und setze mich nochmals an den Computer. Ich schaue die Termine von heute an und mache mir Notizen für die morgige Sitzung. »Eigentlich bin ich ziemlich produktiv«, denke ich mit einem Anflug von Stolz auf meine Leistung.

Voll drauf

Vier Stunden später koche ich mir die erste Tasse Kaffee. Es werden an diesem Tag wie gewohnt fünf bis sieben Tassen! Angetrieben vom Koffein, erwische ich nach einem Stoßgebet gerade noch den Bus. Gutes Timing! »Es geht mir doch wirklich gut«, stelle ich mit Zufriedenheit fest. Meine Arbeit wächst, neue Mitarbeiter konnten eingestellt werden, und mein neues Buch wird ein Erfolg.

Wie ein Vulkan sprühe ich laufend neue Projektideen aufs Papier und kreiere immer neue Aktivitäten, die alle – außer mein Team und meine Frau – wirklich toll finden. Ich reite auf einer Welle von Terminen und To-do-Listen und ignoriere die Signale meines Körpers. Schließlich geht es doch darum, den Menschen und der Sache Gottes zu dienen …

Mit der Muttermilch

Als Leiter der »Stiftung Gott hilft« lebten meine Eltern diesen Wert, anderen Menschen und Gott zu dienen, vorbildlich. Immer wieder saßen Leute, die sich am Rand der Gesellschaft befanden, an unserem Tisch und fanden ein offenes Ohr. Egal, ob es Obdachlose, ehemalige Häftlinge oder Alkoholiker waren – es war spannend, ihre Geschichten zu hören und zu erleben, wie die Liebe Gottes ihr Leben veränderte. Die Bedürfnisse dieser Menschen waren wichtig, sie waren Teil unserer Familienkultur.

Meine Eltern lebten Hingabe und Verantwortung in hohem Maße. Selten bis nie hörte ich sie über ihre eigenen Bedürfnisse sprechen oder über Probleme klagen. »Gott hilft« war nicht nur ihr Arbeitgeber, sondern auch ihr Lebensmotto und die tägliche Realität.

Aus dem Rennen

Nach Monaten des alleine Durchhaltens und Ausharrens mit meinen körperlichen Symptomen fand ich mich im Sprechzimmer meines Arztes wieder. Der schaute mir in die Augen und sagte mit ernstem Gesichtsausdruck: »Thomas, jetzt musst du handeln, oder du bist für lange Zeit weg vom Fenster.« Die Umsetzung dieses Rates war erstaunlich schnell vollzogen. Am folgenden Tag übergab ich die Leitung meinem Team und räumte meinen Schreibtisch.

Während der nächsten neun Monate verbrachte ich viel Zeit mit mir selbst, mit meiner Frau und Gott. Dabei entdeckte ich destruktive Lebensmuster, Ängste und Lügen, die mich an diesen Punkt in meinem Leben gebracht hatten.

Jesus begegnete mir liebevoll in meinen Schwächen und Grenzen und erneuerte mehr und mehr meine Lebenskraft. Coaching-Gespräche unterstützten den Prozess der Lebensstil-Veränderung – bis heute. Die Themen wiederholen sich immer wieder: mich und meine Bedürfnisse ernst nehmen, Grenzen wahrnehmen, Grenzen setzen und zum Schluss auch durchsetzen. Das braucht viel Kraft.

Vom Burn-out geheilt?

Nein – aber der Burn-out hatte heilende Wirkung. Täglich übe ich, mich in den neu gesteckten Grenzen zu bewegen und die Kraft Gottes darin wirken zu lassen. Zuzugeben, dass meine Kraft und meine Belastbarkeit nicht mehr gleich sind wie vor dem Burn-out, ist manchmal schmerzhaft. Gottes Kraft hingegen hat neuen Raum bekommen, und das ist mein Gewinn. Was auf der Strecke verloren ging, darf ich ruhig hinter mir lassen – und vorwärts schauen.

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