Wenn es hart auf hart kommt
Langsam taste ich mich an der Wand entlang, um ins Bad zu kommen. Alles dreht sich, es fällt mir schwer, geradeaus zu laufen. Mein Kopf fühlt sich an, wie ein in warme Milch getauchter Butterkeks.
Am liebsten würde ich mich wieder ins Bett legen, anstatt mich für die Arbeit fertig zu machen.
Was wie ein schlimmer Morgen nach einer durchzechten Nacht klingt, waren in meinem Fall die Auswirkungen der Diagnose „2cm große Blutung im Kleinhirn“, die ich am nächsten Tag im Krankenhaus zu hören bekam.
WAS? Hirnblutung? Und das mit 22 Jahren? Ich war doch immer sportlich aktiv, bin gerne klettern, joggen und slacklinen gegangen! Wie geht es jetzt weiter? Kann ich das wieder machen?
Doch diese Fragen waren bei Weitem nicht das Schlimmste.
In den 2 Wochen, bis zur Operation, bekam ich viel Besuch von Freunden und Familie. Allen konnte ich anmerken, dass sie sich große Sorgen um mich machten und nicht wussten, wie sie mit der Situation umgehen sollten, sondern sehr unbeholfen und überfordert waren. Mehr als „wird schon wieder!“, konnten sie mir meistens nicht zusprechen. Mich hat es traurig gemacht, meine Familie und meine Freunde so niedergeschlagen zu sehen und ich merkte ihnen an, wie sie mein Krankheitszustand sehr mitnahm.
Obwohl ich derjenige war, dem es körperlich nicht gut ging, war ich doch gleichzeitig derjenige, der eine tiefe Ruhe besaß. – mir wurde von Gott ein tiefer Frieden geschenkt (nicht zuletzt aus dem Grund, weil viele meiner gläubigen Freunde FÜR MICH gebetet haben), und so konnte ich meinen Besuchern Mut und Hoffnung zusprechen und ihnen sagen, dass ich die Gewissheit habe, dass mein Leben Jesus gehört und er das Beste aus der Situation machen wird. (wie auch immer „das Beste“ dann praktisch aussehen wird…)
Die Operation verlief gut, doch da so eine Bohrung durch´s Gehirn nie ohne Folgen bleibt, war auch ich am Anfang mit großen Einschränkungen konfrontiert. Die linke Seite war teilweise gelähmt und das Gleichgewicht war komplett weg. Was zur Folge hatte, dass ich die ersten 6 Wochen im Rollstuhl saß, danach 4 Wochen am Rollator und danach ein halbes Jahr am Gehstock ging.
Darüber hinaus war meine Konzentration und Aufmerksamkeit betroffen sodass ich die ersten Wochen nach der Operation sehr müde war und viele Schmerzmittel brauchte, da mich jede noch so kleine Aktivität sehr angestrengt hat. Ich konnte mich anfangs z.B. nur ca. 5-10 Minuten mit einem Gesprächspartner unterhalten, dann brauchte ich eine kurze Pause.
Die ersten 4 Wochen nach der Operation hatte ich Doppelbilder, das lag daran, dass das Gehirn durch die Operation geschwollen war. Je mehr die Schwellung abgeklungen ist, desto schwächer wurden die Doppelbilder.
Sicherlich müssen Dir jetzt so Gedanken wie „Oh man! Das ist ja voll heftig!“, durch den Kopf gehen.
Da hast Du mit Sicherheit Recht, aber die Zeit, in der es mir körperlich nicht gut ging, war die beste Zeit für meine Beziehung mit Gott.
Ich durfte z.B. ganz neu erfahren, was es heißt, von ihm geliebt zu sein. Es gab viele Situationen, in denen es mir so schlecht ging, dass ich nichts mehr machen konnte, außer im Bett zu liegen. Selbst zum Beten, war ich zu schwach.
Ich kann mich noch gut an die Situationen erinnern, in denen ich ganz unten war. Körperlich wie psychisch. Ich möchte es nicht schön reden. Auch wenn ich gläubig war, ging es mir teilweise richtig richtig dreckig!
Doch genau in dieser Zeit war die Gewissheit, dass ich Gottes geliebtes Kind bin, am stärksten und ich wusste: Auch wenn ich im Moment rein gar nichts tun kann, und ich nicht einmal in der Lage bin, zu meinem himmlischen Vater zu sprechen, von seiner Liebe kann mich nichts trennen. Auch nicht meine Schwachheit.
Ich habe gemerkt, dass (der Glaube an) Gott trägt, wenn es im Leben hart auf hart kommt!
Und ich wünsche Dir, dass Du das auch erlebst: Gottes Liebe zu Dir ist größer und stärker als alles andere!
Wie geht es Dir, wenn du meine Geschichte liest? – Was sind Deine Gedanken dazu?
Gerne darfst Du mir schreiben! Ich freu mich über Deinen Kommentar. Und wenn Du mehr Einzelheiten wissen möchtest, erzähle ich Dir gerne mehr.