Tamara Boppart

Jenins, Switzerland

Unverdient geliebt

 

„Mir sind froh um das neu Läbä, denn mir bruched Hilf i dä Räbä.“

 

Mit diesem Satz wurde ich als viertes Kind einer Weinbauernfamilie begrüsst, als ich zur Welt kam. Natürlich waren die Worte meiner Eltern auf der Geburtsanzeige nicht ganz ernst gemeint. Trotzdem gehörte es zum Ernst meines Lebens, im elterlichen Betrieb mitzuhelfen. Das Gute daran: Durch diesen Bezug zur Arbeit und zur Natur habe ich viel fürs Leben gelernt. Dafür bin ich sehr dankbar. Die Kehrseite: Es war auch die Geburtsstunde meines Leistungsdenkens. Anpacken, auf die Zähne beissen, nie müde werden. Am Ende bekomme ich den Lohn, der meinen geleisteten Arbeitsstunden entspricht. Ein einfaches Prinzip. Ich bekomme, weil ich zuvor etwas geleistet habe. Diese «Milchbüechli-Rechnung» kennt keine Gnade.

 

WAS BLEIBT VON MIR ÜBRIG?

Seit ich denken kann, stand ich auf Bühnen und sang. Meine Stimme und andere Talente wurden zum Aushängeschild von mir selbst. Meine Identität gründete auf dem, was ich tat, worin ich gut war. Als Teenager wurde das zu einem stummen Schrei: «Ja, ich kann singen. Ich kann vieles ganz gut. Aber ich bin doch nicht nur, was ich kann. Weshalb sieht das denn keiner?» Mein Schreien blieb unbemerkt. Ich wurde gelobt, vielfach beneidet, aber oft nicht gesehen. Ob zu Hause, auf der Bühne oder sonst wo – ich wurde für das wahrgenommen, was ich leistete, was ich tat.

Wer wäre ich denn, wenn man all meine Leistungen ausblenden würde? Was bliebe von mir übrig? Wer würde mich sehen, wenn da keine Bühne wäre?

 

HIMMLISCHE «MILCHBÜECHLI-RECHNUNG»

Gott war immer schon Teil meines Lebens. Es hat aber Jahre gebraucht, bis ich angefangen habe zu begreifen, dass Gott tatsächlich an mir als Person interessiert ist. Es geht nicht um mich und meine Leistung. Es geht um einen Gott, der das Beste für mich will. Um einen Gott, der mich beschenkt und begabt hat. Um einen Gott, der mich als Person sieht – mein Herz und nicht nur meine Talente. Und es geht um einen Gott, der mich bedingungslos liebt. Ich kann und muss nicht das Geringste tun, um mir seiner Liebe sicher zu sein. Ich kann sie mir weder erarbeiten, noch «ersingen». Sie ist unverdient.

So funktioniert die himmlische «Milchbüechli-Rechnung». Sie rechnet mit Gnade. Im Überfluss.

Meine Geschichte ist ein fortwährender Weg. Ich bin daran, diese göttliche Dimension der bedingungslosen Liebe und des Angenommenseins in meinem Leben mehr und mehr zu ertasten und zu begreifen. Das ist unbeschreiblich befreiend.

 

Ich bin nicht, was ich gut kann.

Ich bin nicht, was ich tue.

Ich bin. Durch Gnade allein.

 

Falls dich meine Geschichte angesprochen hat, würde es mich freuen, wenn du mir schreiben würdest.

 

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